Die im Telekommunikationsgesetz vorgesehene Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Unionsrecht

22-06-2017 16:33

Die im Dezember 2015 gesetzlich eingeführte und ab dem 1. Juli 2017 zu beachtende Pflicht für die Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, die bei der Nutzung von Telefon- und Internetdiensten anfallenden Verkehrs- und Standortdaten ihrer Nutzer für eine begrenzte Zeit von 10 bzw. – im Fall von Standortdaten – 4 Wochen auf Vorrat zu speichern, damit sie im Bedarfsfall den zuständigen Behörden etwa zur Strafverfolgung zur Verfügung gestellt werden können, ist mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar.

 

Dies hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 22. Juni 2017 entschieden.

 

Die Antragstellerin, ein IT-Unternehmen aus München, das u.a. Internetzugangsleistungen für Geschäftskunden in Deutschland und in anderen EU-Mitgliedstaaten erbringt, hatte sich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Verwaltungsgericht Köln gewandt, um der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig bis zur Entscheidung über die gleichzeitig erhobene Klage nicht nachkommen zu müssen. Diesen Antrag hatte das Verwaltungsgericht abgelehnt. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht nunmehr stattgegeben.

 

Zur Begründung hat der 13. Senat ausgeführt: Die Speicherpflicht sei in der Folge eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Dezember 2016 – C-203/15 und C-698/15 – jedenfalls in ihren gegenwärtigen Ausgestaltung nicht mit Art. 15 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG vom 12. Juli 2002 vereinbar. Die Speicherpflicht erfasse pauschal die Verkehrs- und Standortdaten nahezu alle Nutzer von Telefon- und Internetdiensten. Erforderlich seien aber nach Maßgabe des Gerichtshofs jedenfalls Regelungen, die den von der Speicherung betroffenen Personenkreis von vornherein auf Fälle beschränkten, bei denen ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit der durch das Gesetz bezweckten Verfolgung schwerer Straftaten bzw. der Abwehr schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestehe. Dies könne etwa durch personelle, zeitliche oder geographische Kriterien geschehen. Nach dem Urteil des Gerichtshofs könne die anlasslose Speicherung von Daten insbesondere nicht dadurch kompensiert werden, dass die Behörden nur zum Zweck der Verfolgung schwerer Straftaten bzw. der Abwehr schwerwiegender Gefahren Zugang zu den gespeicherten Daten erhielten und strenge Maßnahmen zum Schutz der gespeicherten Daten vor Missbrauch ergriffen würden.

 

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Aktenzeichen: 13 B 238/17 (I. Instanz: VG Köln 9 L 1009/16)

 

§ 113b Pflichten zur Speicherung von Verkehrsdaten

 

(1) Die in § 113a Absatz 1 Genannten sind verpflichtet, Daten wie folgt im Inland zu speichern:

 

1.

 

Daten nach den Absätzen 2 und 3 für zehn Wochen,

 

2.

 

Standortdaten nach Absatz 4 für vier Wochen.

 

(2) 1Die Erbringer öffentlich zugänglicher Telefondienste speichern

 

1.

 

die Rufnummer oder eine andere Kennung des anrufenden und des angerufenen Anschlusses sowie bei Um- oder Weiterschaltungen jedes weiteren beteiligten Anschlusses,

 

2.

 

Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Verbindung unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone,

 

3.

 

Angaben zu dem genutzten Dienst, wenn im Rahmen des Telefondienstes unterschiedliche Dienste genutzt werden können,

 

4.

 

im Fall mobiler Telefondienste ferner

 

a)

 

die internationale Kennung mobiler Teilnehmer für den anrufenden und den angerufenen Anschluss,

 

b)

 

die internationale Kennung des anrufenden und des angerufenen Endgerätes,

 

c)

 

Datum und Uhrzeit der ersten Aktivierung des Dienstes unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone, wenn Dienste im Voraus bezahlt wurden,

 

5.

 

im Fall von Internet-Telefondiensten auch die Internetprotokoll-Adressen des anrufenden und des angerufenen Anschlusses und zugewiesene Benutzerkennungen.

 

2Satz 1 gilt entsprechend

 

1.

 

bei der Übermittlung einer Kurz-, Multimedia- oder ähnlichen Nachricht; hierbei treten an die Stelle der Angaben nach Satz 1 Nummer 2 die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Nachricht;

 

2.

 

für unbeantwortete oder wegen eines Eingriffs des Netzwerkmanagements erfolglose Anrufe, soweit der Erbringer öffentlich zugänglicher Telefondienste die in Satz 1 genannten Verkehrsdaten für die in § 96 Absatz 1 Satz 2 genannten Zwecke speichert oder protokolliert.

 

(3) Die Erbringer öffentlich zugänglicher Internetzugangsdienste speichern

 

1.

 

die dem Teilnehmer für eine Internetnutzung zugewiesene Internetprotokoll-Adresse,

 

2.

 

eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über den die Internetnutzung erfolgt, sowie eine zugewiesene Benutzerkennung,

 

3.

 

Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.

 

(4) 1Im Fall der Nutzung mobiler Telefondienste sind die Bezeichnungen der Funkzellen zu speichern, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt wurden. 2Bei öffentlich zugänglichen Internetzugangsdiensten ist im Fall der mobilen Nutzung die Bezeichnung der bei Beginn der Internetverbindung genutzten Funkzelle zu speichern. 3Zusätzlich sind die Daten vorzuhalten, aus denen sich die geografische Lage und die Hauptstrahlrichtungen der die jeweilige Funkzelle versorgenden Funkantennen ergeben.

 

(5) Der Inhalt der Kommunikation, Daten über aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden.

 

(6) 1Daten, die den in § 99 Absatz 2 genannten Verbindungen zugrunde liegen, dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden. 2Dies gilt entsprechend für Telefonverbindungen, die von den in § 99 Absatz 2 genannten Stellen ausgehen. 3§ 99 Absatz 2 Satz 2 bis 7 gilt entsprechend.

 

(7) Die Speicherung der Daten hat so zu erfolgen, dass Auskunftsersuchen der berechtigten Stellen unverzüglich beantwortet werden können.

 

(8) Der nach § 113a Absatz 1 Verpflichtete hat die auf Grund des Absatzes 1 gespeicherten Daten unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Ablauf der Speicherfristen nach Absatz 1, irreversibel zu löschen oder die irreversible Löschung sicherzustellen.

 

Bron:https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/36_170622/index.php

 

Opm. EMLS: 

Duitsland heeft wel een Constitutitioneel Hof. In 1951 werd het Bundesverfassungsgericht opgericht en is sindsdien gevestigd  in Karlsruhe. Nedeland heeft als enigste EU-Lidstaatland geen eigen grondwettelijk hof. Nederlandse rechters mogen hun eigen wetten niet toetsen aan de Nederlandse Grondwet omdat artikel 120 dat verbied. 

 

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EMLS

Utrecht / Haaksbergen, 22 juni 2017